1975 - 1982 Präsident: Marx-Henning Rehder
Anlässlich der ordentlichen Mitgliederversammlung am 28.8.1975 dankten die Verbände nach einer Amtszeit von 14 Jahren dem bisherigen Präsidenten für seine geleistete Arbeit. Herr Rehder, der als neuer Präsident gewählt wurde, erklärte an Herrn Freyberg gerichtet, dass sich in den 14 Jahren seines Vorsitzes tiefgreifende Veränderungen ergeben hätten, von denen keiner der einzelnen Bereiche ausgenommen sei. Freie Fischerei, Rohwarenbeschaffung, Markt, Verarbeitung und Vertrieb seien davon betroffen. Naturereignisse, Gesetze, Institutionen, Marktabläufe und Verbrauchereinstellungen hätten diese Änderungen bewirkt. Nicht nur als fleißiger Leser, sondern als befähigter Fachmann mit objektivem Urteilsvermögen habe Herr Freyberg kraft seiner persönlichen Autorität gegensätzliche Interessen auszugleichen gewusst und zum mindestens die Kernfragen herausgeschält.Auf Beschluss des Vorstandes wurden zum 30.9.1976 die Herren Hagemann und Dr. Seumenicht abberufen und mit Wirkung zum 1.10.1976 Herr RA Folkert Marr zum alleinigen Geschäftsführer berufen.
Am 16.1.1978 wurde der Bundesverband des mobilen Fischfeinkosthandels in den Bundesmarktverband aufgenommen. Auf dieser Sitzung wurde auch vom Bundesmarktverband ein Hilfsprogramm für die deutsche Fischindustrie und den Fischgroßhandel beschlossen. Der Bundesmarktverband machte aufmerksam, dass, hervorgerufen durch das Ende des deutsch-isländischen Fischereiabkommens am 28.11.1977, die Fangbeschränkung aufgrund der Erweiterung der Seerechtsgrenzen auf 200 Seemeilen, das EG-Heringsfangverbot in der Nordsee und die EG-Schonmaßnahmen für andere Fischarten für die Versorgung der einzelnen Bereiche folgende Auswirkungen haben. Für die Frischfischversorgung wird angeführt, dass 70 % der Frischfischanlandungen der deutschen Hochseefischereien aus isländischen Gewässern kamen. Die Frischfischflotte musste sich daher auf andere Fanggründe umorientieren. Durch den Wegfall der isländischen Fanggründe wird sich der Produktmix ändern. Rotbarschanlandungen werden erheblich zurückgehen. Neue Fischsorten wie Blauleng, Makrele, Merlan und andere müssen an dessen Stelle treten. Es sind Fischarten, die dem deutschen Verbraucher ganz oder teilweise noch unbekannt sind. Auch dem Produkt Dorsch standen weite Verbraucherkreise noch nicht aufgeschlossen gegenüber. 40 % der Versorgung des deutschen Frischfischmarktes erfolgt durch die deutsche Hochseefischerei, 30 % durch die Kutterflotte und 30 % wird über die grüne Grenze importiert bzw. von ausländischen Schiffen in die Auktion deutscher Fischereihäfen gestellt. Es musste gewährleistet sein, dass die Basis der Anlandungen durch die deutsche Hochseefischerei erhalten blieb. Gelingt dies nicht, müssen
- Frischfischschiffe verschrottet werden bzw. ausflaggen. Diese Arbeitsplätze gehen für die Bundesrepublik verloren. Gleichzeitig kann die fehlende Anlandemenge durch größere Importe nicht ausgeglichen werden.
- Weniger Fischanlandungen bedeuten für die Fischindustrie entweder Schließung der Betriebe, mindestens jedoch Reduzierung der Arbeitsplätze.
- Beim Binnenfischgroßhandel und -einzelhandel muss ein geringeres Handelsvolumen von Frischfisch automatisch zu einer Unterdeckung der Kosten führen, da trotz Erweiterung des Sortiments sowohl im Binnenfischgroßhandel als auch ganz besonders im Fischeinzelhandel Frischfisch nach wie vor das Basisprodukt ist. Es wird für eine Anzahl von Händlern existenzbedrohend sein, die ihr Geschäft aufgeben müssen. Dies führt nicht nur zu einer Reduzierung von Arbeitsplätzen, sondern auch zu einer Nichterreichbarkeit des Produktes Fisch beim Konsumenten. Ist dieser Distributionsapparat einmal zerbrochen, ist er nicht wieder aufzubauen. Die fehlende Erreichbarkeit für den Konsumenten führt zu einer Verzehrentwöhnung.
Am 27.7.1978 trat die Hauptvereinigung des ambulanten Gewerbes und der Schausteller in Deutschland dem Bundesmarktverband bei.
Im Rahmen eines Round-Table-Gesprächs einiger BMV-Verbände wurde am 11.10.1979 erneut die Zusammenarbeit im Bundesmarktverband erörtert. Die Hauptaufgabe des Bundesmarktverbandes sah der damalige Präsident in der Möglichkeit, gegenüber der Legislative mit einer Stimme als Fischwirtschaft aufzutreten, so wie das auch im Fischgesetz vorgesehen war. Bei einer Vernachlässigung dieser Aufgabe hätte die Fischwirtschaft freiwillig die Chance aus der Hand gegeben, auf die offiziellen Stellen einzuwirken. Gleichzeitig musste man jedoch erkennen, dass eine Übereinstimmung innerhalb des gesamten Bundesmarktverbandes bei bestimmten Fragen aufgrund der unterschiedlichen Interessen der Fischwirtschaft nicht immer zu erzielen war. Diese Erkenntnis war jedoch nicht neu. In einer Diskussion über die Praktikabilität einer Zusammenarbeit kamen die beteiligten Verbände zu dem Ergebnis, dass ein gemeinsames Vorgehen des Bundesmarktverbandes in vielen Fällen nicht möglich ist. Zwingend vorgeschrieben sein sollte aber die Pflicht eines jeden einzelnen Verbandes, zumindest den Versuch einer Verhandlung anzustreben. Dies gehe aber nur bei ausreichender Information untereinander. Erst danach dürfe jeder einzelne Verband frei sein in seiner Entscheidung. Geschäftsführer RA Marr erstellte damals als Grund der vorgetragenen Sorgen den mangelhaften Informationsstand heraus. Die aus diesem Grund vorgetragene Unzufriedenheit äußerte sich ganz offensichtlich durch die vorherrschende Unsicherheit, wo überhaupt noch Gemeinsamkeiten gesehen werden könnten. Neben der geplanten Novellierung des § 7 Fischgesetz oder den Aktivitäten in Sachen Hygieneverordnung gäbe es sicher noch einen Katalog von übergreifenden Fragen, deren gemeinsames Vertreten nicht nur den vitalen Interessen der einzelnen Verbände sondern der Fischwirtschaft als Ganzes dienen müsse. Hier müsse zunächst der Hebel angesetzt werden, indem durch das Zusammenstellen einer Checkliste festgeschrieben werde, wann Aktivitäten entwickelt werden und wie solche Aktivitäten verfolgt werden sollen. Als Beispiel und ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit nannte Herr RA Marr
- Zollaussetzungen,
- innerdeutscher Handel,
- Referenzpreise / Orientierungspreise,
- Hygiene-Verordnung,
- Schwermetalle,
- Fischgesetz,
- Hilfsprogramm für die Fischwirtschaft,
- arbeitsrechtliche Probleme,
- Steuern und Abgaben,
- Öffentlichkeitsarbeit.
Von allen Diskussionsteilnehmer wurde herausgestellt, dass naturgemäß eine pflichtgemäße Vorabinformation sich nur auf wirklich wesentliche Fragen beschränken dürfe. Gleichzeitig müsste dafür gesorgt werden, dass der Bundesmarktverband nicht überstrapaziert würde, sondern grundsätzlich die Möglichkeit offen bleibt, sich innerhalb eines kleineren Kreises abzustimmen. Dies kann jedoch nicht gelten, wenn Stellungnahmen gegenüber der Regierung abzugeben sind.
Vor dem Hintergrund einer fehlenden einheitlichen EG-Fischereipolitik, der zu geringen Fangmöglichkeiten für die deutsche Fischerei einerseits und der verstärkten Rohstoffzuführung aus dem Ausland andererseits ergab sich eine verstärkte Auseinandersetzung über das Ausmaß des Außenschutzes nach der Fischmarktordnung. Es gab isolierte Bemühungen der Fischereiverbände, insbesondere zur Errichtung von Einfuhrsperren.
Größere Dorschanlandungen in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 1979 führten erneut zu dem Ruf der Fischereiorganisationen nach protektionistischen Maßnahmen. Insgesamt war der Meinungsaustausch der einzelnen Organisationen nur unvollständig, so dass gegen Ende des Jahres 1979 zwischen den Verbänden der Fischerei, der Fischindustrie und des Fischgroßhandels eine Vereinbarung über eine verbesserte gegenseitige Information und Abstimmung in grundlegenden Angelegenheiten beschlossen wurde.
Die Zusammenarbeit der fischwirtschaftlichen Organisationen bewährte sich hingegen bei der Durchführung der Aufklärungsaktion zur Förderung wenig bekannter Fischarten. In einer Anhörung vor dem Ernährungsausschuss des Bundestages, bei der Wahrnehmung von Besuchen des Ernährungsausschusses an der Küste und auf der ANUGA konnte den Parlamentariern und den beteiligten Regierungsstellen verdeutlicht werden, dass die Aufklärungsaktion mit positiver Wirkung durchgeführt werden konnte und dass für einige bisher wenig bekannte Fischarten eine spürbar verbesserte Absatztendenz erreicht werden konnte. Ferner stellten die Mitgliedsverbände im Bundesmarktverband fest, dass im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit der Bundesmarktverband als Sprachrohr der gesamten Fischwirtschaft Aufgaben übernehmen kann, insbesondere wenn es sich um die Stellungnahme der Fischwirtschaft zu Umweltproblemen (Gewässerreinhaltung, Schadstoffbelastung des Lebensmittels Fisch, Kontakte und Gespräche zu/mit Umweltschutzorganisationen und -gruppen) handelt.
Zum Ende der Amtszeit von Marx-Henning Rehder erreichten die Aktivitäten des Bundesmarktverbandes einen absoluten Tiefstpunkt. In den Jahren von 1978 1981 wurde auf die Veröffentlichung eines Geschäftsberichtes gänzlich verzichtet. Über das Jahr 1982 gibt es weder einen Geschäftsbericht noch eine Niederschrift über eine Sitzung.